Cosima Jentzsch plant ein Offenes Atelier im Operndorf, nun gilt es nur noch, die nötigen Mittel dafür zu finden. Über kiskissbankbank könnt Ihr Sie unterstützen!
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Die Eindrücke Ihres ersten Aufenthaltes im Operndorf im vergangenen Sommer hat Cosima für uns in einem kurzen Statement zusammengefasst:
Gleich bei meiner Ankunft im Operndorf sah ich eine Anzahl Kinder, die neugierig um die Gebäude schlichen und jede Geste der „Nassara“ (der Weißen) aus sicherer Entfernung verfolgten. Mit der Zeit zogen sie ihre Kreise enger ums Haus und vergaßen beim gemeinsamen Murmelspielen dann endlich ihre anfängliche Schüchternheit. Später kamen sie beinahe täglich zu mir und ließen derweil die Ziegen, auf die sie eigentlich aufzupassen hatten, ums Haus grasen. Meine Terrasse wurde zum Ort, wo die Kinder auf unverbindliche Weise zeichnen, basteln, Geschichten hören – und Bilder aus aller Welt ansehen konnten.
Froh über die Tatsache, dass die Kinder von sich aus zu mir gefunden hatten, gab ich ihnen das nötige Material zum Zeichnen, um dann später mit ihnen kurze Geschichten zu entwickeln, die wir illustrierten und am Ende präsentierten. Da diese Kinder noch ohne Strom und fließend Wasser, also auch ohne Fernsehen aufwachsen, ist ihre Beziehung zur Bilderwelt ganz unmittelbar mit ihrem lokalen Umfeld verbunden. Außerdem war ich überrascht, wie selbstständig sie meine Vorschläge verarbeiteten und keinerlei Lob oder Bestätigung von mir erwarteten. Als dann eines Tages ein Junge mit einem Bündel Zeichnungen zu mir kam, auf denen er Szenen aus dem Alltagsleben dargestellt hatte, war ich überglücklich. Hier kam genau das zurück, was ich mir gewünscht hatte: das Zeichnen inspirierte sie dazu, sich auszudrücken und über ihr Leben nachzudenken.
Im Laufe der Zeit konnte ich kleine Erfolge beobachten. So stellten die Kinder anfangs keinerlei Fragen und kannten es auch gar nicht, dass man ihnen Fragen stellt. Sie antworteten auf alles nur mit „ja“. Doch als ich immer wieder nachhakte und sie auf spielerische Weise mit Fragen konfrontierte, gingen sie nach und nach aus sich heraus. Am Ende hatten wir dann einige schöne Gespräche. Natürlich ging es dabei immer um Afrika und Europa.
Die Furcht und Bewunderung vor dem Fremden sitzt tief. Ich denke beiderseits. Doch haben uns die gemeinsamen Aktionen und die Tatsache, dass wir dann vor dem gleichen Problem standen, die Unterschiede manchmal vergessen lassen. Es geschah über ganz banale Dinge, wie zum Beispiel der heiklen Angelegenheit beim Backen, das Eigelb vom Eiweiß zu trennen. Sie waren hocherfreut oder zutiefst verärgert, je nachdem ob es jemanden gelungen war oder nicht, egal wer es war.
Sicher ist die materielle Not, in der sie leben, erschreckend und inakzeptabel. Doch habe ich auch etwas sehr Schönes mit ihnen erlebt, das ich hier oft vermisse: die Fähigkeit, einfach nur zu“sein“, ohne dabei etwas zu besitzen oder zu verlangen.
Cosima Jentzsch 2014